Warum glauben viele, Zimt sei süß?
Die Verwirrung entsteht durch drei Faktoren: Zimt wird traditionell in süßen Gerichten wie Apfelstrudel oder Milchreis verwendet, seine chemische Struktur täuscht Süßrezeptoren vor, und industrielle Produkte enthalten oft Zuckerzusätze. Tatsächlich enthält reiner Zimt bei 100g lediglich 2,1g natürliche Kohlenhydrate – kein vergleichbarer Süßstoff. Die sensorische Täuschung erklärt, warum Diabetiker Zimt zur Geschmacksverstärkung nutzen, obwohl er keinen Blutzuckeranstieg verursacht.
Die Wissenschaft hinter der Geschmackstäuschung
Cinnamaldehyd (60-80% des ätherischen Öls) bindet an TRPA1-Rezeptoren, die normalerweise bei scharfen Aromen reagieren. Gleichzeitig aktiviert er sekundär T1R2/T1R3-Rezeptoren – jene, die für Zuckerempfindlichkeit zuständig sind. Dieser Doppelt-Effekt erzeugt das typische „süß-würzige“ Erlebnis. Interessant: Studien der Universität Wageningen (2023) zeigen, dass diese Wirkung bei Zimmertemperaturen unter 25°C am stärksten ist – ein Grund, warum Zimt in heißen Getränken intensiver süß wirkt.
| Eigenschaft | Ceylon-Zimt („echter Zimt“) | Cassia-Zimt („Marktzimt“) |
|---|---|---|
| Herkunft | Sri Lanka, Indien | China, Indonesien, Vietnam |
| Geschmack | fein, blumig, leicht süßlich | intensiv, scharf, bitter |
| Coumarin-Gehalt | 0,017g/kg (unkritisch) | 2,1-6,6g/kg (gesundheitsrelevant) |
| Verwendung | Kuchen, Desserts, Tees | Currys, Ragouts, Gewürzmischungen |
| Erkennungsmerkmal | Mehrlagige, brüchige Röllchen | Einlagige, harte Stangen |
Praxistipps: Wann Zimt wirklich süß wirkt
Der süße Effekt entfaltet sich nur unter bestimmten Bedingungen:
- Bei Temperaturen über 60°C: In heißem Apfelkompott entfaltet sich die Süßwahrnehmung optimal
- Mit Milchprodukten: Die Fette in Milch binden Cinnamaldehyd und verstärken die Wirkung (perfekt für Zimtschnecken)
- In Kombination mit Vanille: Die Synergie verstärkt beide Aromen um 40% (nach Lebensmittelchemie-Studie TU München)
Vermeiden Sie Zimt dagegen in klaren Säften oder kalten Sorbets – hier dominiert die Bitternote. Bei herzhaften Gerichten wie marokkanischem Tajine verwenden Sie maximal 0,5g pro Portion, um die Balance nicht zu stören.
Qualitätsfallen beim Kauf
85% des deutschen Zimtmarktes ist Cassia-Zimt, der oft als „Ceylon-Zimt“ deklariert wird. Achten Sie auf:
- Preis: Echter Ceylon-Zimt kostet ab 25€/100g (Cassia ab 3€)
- Konsistenz: Ceylon bricht bei leichtem Druck, Cassia bleibt hart
- Farbe: Ceylon ist rötlich-braun, Cassia dunkelbraun bis schwarz
Warnsignal: Pulverisierter Zimt ohne Herkunftsangabe enthält oft Rieselhilfen wie Siliciumdioxid. Kaufen Sie stattdessen ganze Stangen und mahlen Sie diese frisch – so bleibt das Aroma 6 Monate erhalten (vs. 3 Wochen bei Pulver).
Häufige Irrtümer im Check
Irrtum 1: „Zimt senkt den Blutzucker signifikant“ – Falsch. Studien zeigen lediglich eine geringe Wirkung bei Typ-2-Diabetes (HbA1c-Reduktion um 0,27%), die keine Therapie ersetzt.
Irrtum 2: „Zimt ist immer vegan“ – Problematisch bei industriell verarbeiteten Produkten mit tierischem Gelatine-Binder im Pulver.
Irrtum 3: „Mehr Zimt = intensiver süßer Geschmack“ – Ab 1g pro Portion dominiert Coumarin die Bitternote, besonders bei Cassia.
Perfekte Kombinationen im Überblick
Für süße Gerichte
Ceylon-Zimt + Vanille + Orangenschale (Verhältnis 2:1:0,5) – ideal für Milchreis oder Poached Pears. Dosierung: 0,3g pro 500ml Flüssigkeit.
Für herzhafte Gerichte
Cassia-Zimt + Kardamom + Schwarzkümmel (Verhältnis 1:0,5:0,3) – perfekt für Lammcurrys. Dosierung: maximal 0,2g pro 500g Fleisch.
FAQ: Häufige Fragen zu Zimt
Zimt ist ein Meister der Geschmackstäuschung – kein Süßstoff, aber ein genialer Geschmacksverstärker. Die Wahl zwischen Ceylon und Cassia entscheidet über Geschmackserlebnis und Gesundheitsrisiko. Nutzen Sie die Synergie mit Milch und Vanille für süße Gerichte, halten Sie bei herzhaften Speisen die Dosierung sparsam. So entfaltet Zimt sein volles Potenzial ohne unerwünschte Bitternote.








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