Wie wird Zimt geerntet? Der traditionelle Ernteprozess erklärt

Wie wird Zimt geerntet? Der traditionelle Ernteprozess erklärt
Zimt wird aus der Rinde junger Zweige des Zimtbaums (Cinnamomum verum) gewonnen. Nach 2-3 Jahren werden Triebe geschnitten, die Rinde abgeschält und in der Sonne getrocknet. Dabei rollt sie sich zu den typischen Zimtstangen. Der traditionelle Ernteprozess erfordert präzises Handwerk und findet hauptsächlich in Sri Lanka statt. Echter Ceylon-Zimt unterscheidet sich durch dünne, mehrschichtige Röllchen von chinesischem Cassia-Zimt.

Warum wissen Sie wahrscheinlich nicht, wie Zimt wirklich gewonnen wird?

Als eines der beliebtesten Gewürze weltweit verbinden wir Zimt mit Weihnachtsbäckerei oder Milchreis – doch die wenigsten wissen, dass hinter dem aromatischen Pulver oder den Röllchen ein aufwendiger Handprozess steckt. Die Vorstellung, Zimt werde wie Kaffeebohnen geerntet oder wie Kräuter gepflückt, ist weit verbreitet. Tatsächlich handelt es sich um getrocknete Baumrinde, deren Gewinnung spezielles Fachwissen erfordert.

Der Ernteprozess: Von der Baumschnitt bis zur Zimtstange

Der Erntekalender bestimmt den Erfolg: In Sri Lanka beginnt die Ernte traditionell im April nach der Regenzeit, wenn der Rindenanteil an ätherischen Ölen am höchsten ist. Der Prozess gliedert sich in vier präzise Schritte:

  1. Vorbereitung der Bäume: Nach 2-3 Jahren werden junge Zweige (1,5-2 cm Durchmesser) bodennah abgeschnitten. Ältere Bäume produzieren härtere Rinde mit geringerem Aromagehalt.
  2. Rindenentnahme: Mit speziellen Messern schlagen erfahrene Arbeiter die Rinde vorsichtig ab, ohne das darunterliegende Holz zu beschädigen. Dies erfordert jahrelange Übung – zu tiefe Schnitte ruinieren die Qualität.
  3. Rollen und Trocknung: Die frische Rinde wird zu dünnen Röllchen geformt und 4-7 Tage in der Sonne getrocknet. Dabei zieht sie sich zusammen und bildet die charakteristischen Zimtstangen.
  4. Sortierung: Nach Trocknung werden die Stangen nach Dicke, Farbe und Bruchstellen klassifiziert. Nur die besten Röllchen erreichen die höchste Qualitätsstufe "Alba".
Zimternte in sri-lankischen Plantagen mit Arbeitern, die Zweige schneiden und Rinde ablösen

Ceylon-Zimt vs. Cassia: Der entscheidende Qualitätsunterschied

Nicht alle "Zimt"-Produkte sind gleichwertig. Die Wahl der Art beeinflusst Geschmack, Sicherheit und Anwendung:

Merkmal Ceylon-Zimt (Echter Zimt) Cassia (Chinesischer Zimt)
Botanischer Name Cinnamomum verum Cinnamomum cassia
Herkunft Sri Lanka (90% der Produktion) China, Indonesien, Vietnam
Rindenstruktur Dünn, mehrschichtig wie Papierrolle Dick, einlagig, hart
Cumarin-Gehalt 0,017 mg/g (bedenkenlos) 2,1-6,6 mg/g (Risiko bei Überdosierung)
Geschmack fein, blumig, leicht süßlich scharf, intensiv, bitter
Preis 3-5x teurer als Cassia preiswert
Bio-Zimtbauern bei der Ernte mit traditionellen nachhaltigen Methoden

So erkennen Sie echten Ceylon-Zimt im Supermarkt

Leider wird Cassia oft als "Zimt" verkauft. Diese Merkmale helfen bei der Auswahl:

  • Röllchen-Struktur: Ceylon-Zimt besteht aus mehreren dünnen Lagen (wie ein Blatt Papier), Cassia bildet eine dicke, kompakte Röhre
  • Bruchprobe: Brechen Sie ein Stück – echter Zimt bricht leicht und zeigt feine Schichten, Cassia ist schwer zu zerbrechen
  • Etikett: Achten Sie auf "Cinnamomum verum" oder "Ceylon-Zimt". "Cassia" oder "Chinesischer Zimt" weist auf die minderwertige Variante hin
  • Preis: Bei Pulver unter 5€/100g handelt es sich fast immer um Cassia

Wann welcher Zimt? Entscheidungshilfe für den Alltag

Die Wahl der Zimtart sollte vom Verwendungszweck abhängen:

Anwendung Empfehlung Grund
Täglicher Konsum (z.B. im Müsli) Ceylon-Zimt Geringer Cumarin-Gehalt vermeidet Leberbelastung bei regelmäßiger Einnahme
Kinderernährung Ausschließlich Ceylon-Zimt Cumarin kann bei Kindern bereits ab geringen Mengen schädlich wirken
Herzhafte Gerichte (Currys, Ragouts) Cassia Intensiver Geschmack passt besser zu kräftigen Aromen
Süße Backwaren Ceylon-Zimt Feiner Geschmack harmoniert mit anderen Gewürzen wie Vanille
Langfristige Lagerung Ceylon-Zimt Bessere Aromastabilität dank höherem Ölg Gehalt

Häufige Missverständnisse zur Zimternte

Einige Vorstellungen zur Zimtgewinnung sind schlicht falsch:

  • Fehlvorstellung: "Zimt wird von den Bäumen gepflückt wie Früchte"
    Fakt: Es handelt sich ausschließlich um Rindenentnahme – die Bäume werden nicht gefällt, sondern treiben wieder aus.
  • Fehlvorstellung: "Maschinelle Ernte ist heute Standard"
    Fakt: Über 95% der weltweiten Ceylon-Zimt-Ernte erfolgt per Hand – Maschinen würden die empfindliche Rinde beschädigen.
  • Fehlvorstellung: "Alle Zimtsorten haben denselben Geschmack"
    Fakt: Cassia enthält bis zu 260x mehr Cumarin und hat einen bitteren Nachgeschmack, der Ceylon-Zimt fehlt.
Nahaufnahme der Zimtrinde während der Ernte in Sri Lanka

Ihre praktische Entscheidungshilfe

Für den täglichen Gebrauch gilt: Investieren Sie in Ceylon-Zimt als ganze Stangen statt Pulver. Lagern Sie ihn dunkel und trocken – so bleibt das Aroma bis zu 2 Jahre erhalten. Bei Rezepten für Kinder oder tägliche Smoothies ist die Ceylon-Variante unverzichtbar. Cassia können Sie bedenkenlos für herzhafte Gerichte verwenden, aber begrenzen Sie den Verzehr auf maximal 1 Teelöffel pro Tag bei Erwachsenen. Achten Sie beim Kauf auf Zertifikate wie "Fair Trade" oder "Bio", die nachhaltige Anbaumethoden garantieren – viele traditionelle Plantagen in Sri Lanka bewirtschaften ihre Bäume seit Generationen ohne Pestizide.

Sarah Johnson

Sarah Johnson

Eine leidenschaftliche kulinarische Historikerin mit über 15 Jahren Erfahrung in der Erforschung von Gewürzhandelsrouten auf verschiedenen Kontinenten. Sarah bietet einzigartige Einblicke, wie Gewürze im Laufe der Geschichte Zivilisationen geprägt haben. Ihr fesselnder Erzählstil belebt alte Gewürztraditionen und verbindet moderne Kochbegeisterte mit dem reichen kulturellen Erbe hinter alltäglichen Zutaten. Ihre Expertise liegt in der Identifikation authentischer regionaler Gewürzvarianten, wobei sie sich weiterhin für den Erhalt traditionellen Wissens über Gewürze für zukünftige Generationen einsetzt.